Laudatio Prof. Gertrude Haider-Grünwald - Galerie Standl, Linz, Mai 2018

Christian Dadlhuber, 1967 geboren, lebt und arbeitet in Passau. So quasi mit dem Zeichenstift in der Hand zur Welt gekommen – wie übrigens viele spätere Künstler – beschäftigte er sich anfangs ausschließlich mit Grafik (er hat in diesem Metier, speziell in Werbegraphik auch eine umfassende Ausbildung) und schon deshalb primär mit gegenständlichen, realistischen Themen. Doch bald löste er sich davon – die Flächengestaltung gewann an Bedeutung, verlangte mehr Aufmerksamkeit von ihm. Dieser Schritt ging zwangsweise und gewollt auch mit Abstrahierung und Rücknahme der grafischen Formengestaltung, die lange wichtige Komponente in seinen Arbeiten war, einher. Ein „Umstiegsbild“, das vor rund 20 Jahren entstand und einen noch sehr realistisch gemalten Menschen umgeben von einzelnen, voneinander getrennten Flächen zeigt, kann gut und gerne als Schlüsselbild betrachtet werden: Die Farbigkeit der einzelnen Flächen kommt zum Tragen, sie umrunden die zeichnerisch gestaltete Figur und pochen auf ihr Recht.

Diese Art der Umsetzung ließ dem Künstler, der mit knapp 30 Jahren freischaffend wurde, mehr Spielraum zur Flächengestaltung. Die er vehement durchführte: Der Pinsel hatte – abgesehen vom ersten, in mehreren Schichten erfolgten Farbauftrag auf die Leinwand – praktisch ausgedient: Messer, Spachtel und Schaber kamen und kommen seither zum Einsatz, die dem Werk Struktur verleihen.

Diese Oberflächenstruktur, die durch verschieden starkes Abkratzen, Abscheren oder auch fast in totaler Zerstörung und Entfernung der einzelnen aufgetragenen Farbschichten entsteht, übernimmt die Aufgabe der Graphik. Der Strich wurde – auch wenn er in neueren Werken wieder ganz bewusst eingesetzt wird - mit einem Wort von der Struktur besiegt. Aber, so paradox das klingen mag, genau diese Struktur, diese geschabte, gekratzte „Tiefenbehandlung“ verleiht dem Bild Formengut, Szenarien, Elemente, lässt – wohl unbewusst und möglicherweise auch ungewollt vom Künstler – bei genauer Betrachtung Elemente, Formengut, Lichteffekte, Spannung  und Szenarien entstehen. Es kommt dabei ganz auf den Betrachter an. Und der Betrachter muss in diesem Fall wirklich „betrachten“: Nur dann wird der Zugang zu den Werken finden, wird sich durch seine eigene Individualität ein Bild machen, das einer anderen Individualität, nämlich der des Künstlers entsprungen ist. Ein Dialog entsteht, Emotionen und Gefühle werden transferiert, werden spürbar, müssen aber bei weitem nicht konform mit der Inhaltlichkeit des betrachteten Bildes sein. Somit hinterlässt diese Art der Malerei zweifellos tiefe Spuren – Spuren, die den Betrachter des Werkes vielleicht zu sich selbst führen.

Prof. Gertrude Haider-Grünwald, „Dr. Ernst Koref-Stiftung“, Linz
Copyright (auch auszugsweise) nur bei vollständiger Angabe dieser Daten.


Kunst ist divergent – sie ist frei von Zwängen, Vorgaben, Richtungen - kann dadurch neue Sichtweisen vermitteln, ist erfahr–, erspürbar und unabhängig.
In Schubladen stecken, kategorisieren, das trifft nicht zu, sowie Kunst keine Grenzen kennt.
Die Ideen vorab gehen meist einen sehr langen Vorweg. Die künstlerische Umsetzung erfolgt affektiert und emotional.
Es passiert weil es eben passiert.
So entstehen Bilder, so vergehen Schaffensperioden – künstlerische Jahre, die alle unterschiedlich verlaufen, und doch ist alles in den Werken vereint.
Mehrere Schichten Farbe, immer wieder übermalt, weg geschabt, gekratzt, das Überflüssige entfernt, das Wesentliche wieder hervorgeholt.
Alle Lagen sind nach wie vor vorhanden, doch sichtbar ist letztendlich das Endprodukt, eine Momentaufnahme, das Wesentliche. Alles dahinter hinterlässt Spuren, bleibt erkennbar, entfernt sich voneinander und trifft sich als Ganzes dann doch wieder. Es entsteht Spannung, die dem Betrachter erst durch wiederholtes und näheres Hinsehen deutlich wird.
Ist man von einem Bild berührt, öffnet man sich, erforscht immer wieder neue Bereiche und entdeckt, jeder für sich etwas anderes, etwas Besonderes, wie in einer beginnenden Beziehung wie im Leben.
Schließlich entsteht Einzigartigkeit, die sich bei den Bildern speziell durch unterschiedliche Lichteinflüsse variieren und wandeln kann.
Selten kommen Pinsel zum Einsatz, sondern Messer, Spachtel und Schaber und sehr viel persönliche Intuition und Intention.
Künstlerische Freiheit, die sich seit über 25 Jahren zeigt, sich laufend verändert und doch eine Handschrift trägt.
Heraustreten aus dem Belanglosem und des Überangebots  - Erspüren des Besonderen und es dann vervollständigen.

Christian Dadlhuber & Petra Neumeier


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